Zur Autorin

Leena Simon ist graduierte Philosophin, IT-Beraterin, Netzphilosophin und Autorin. Sie beschäftigt sich mit digitaler Mündigkeit und Technikpaternalismus und arbeitet für Digitalcourage e.V., sowie als freie Referentin. (Quelle: https://muendigkeit.digital/)

Zum Inhalt

Die Autorin definiert Digitale Souveränität als Oberbegriff welcher sich in Digitale Mündigkeit auf der individuellen Ebene und Techniksourveränität auf der staatlichen und industriellen Ebene aufteilt.

Das Internet sieht sie als Vermittlungsplattform von Diensten, die selten hinterfragt werden und verweist dazu gleichzeitig auf eine lange währende gesellschaftliche Problematik, die bereits Imannuel Kant vor über 200 Jahren aufgegriffen hat:

„Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum so ein großer Teil der Menschen […] gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. […] Es ist so bequem unmündig zu sein.“

Die Fähigkeit zur Digitalen Mündigkeit fasst die Autorin in folgende fünf Dimensionen zusammen:

  1. Technical Literacy / Technische Nutzungskompetenzen: Wie bedient man Hard- und Software?
  2. Privacy Literacy / Datenschutzkompetenzen: Wie schütze ich im Umgang mit digitaler Technik meine Privatsphäre?
  3. Information Literacy / Informationskompetenz: Wie finde ich Informationen im Netz und wie vertrauenswürdig sind diese?
  4. Social Literacy / Sozialkompetenzen: Welches Verhalten führt dazu, dass digitale Kommunikation gelingt oder nicht gelingt?
  5. Civic Literacy / Bürgerliche Kompetenzen: Was darf ich und was darf ich nicht und wie kann ich mittels digitaler Medien an Entscheidungsprozessen mitwirken?

Technik ist laut Leena Simon nicht neutral sondern es hängt immer davon ab wie wir diese einsetzen, gebrauchen und gestalten. Es erfordert immer eine kritische Auseinandersetzung! Auch wenn sie Mündigkeit als individuelle Aufgabe sieht, kann die Verantwortung für unsere Kommunikationsgesellschaft nur gemeinsam getragen werden. Kurzum: wir müssen alle unseren Beitrag leisten!

Jetzt kann man freilich argumentieren, dass kein Mensch mehr auf Grund der gestiegenen Komplexität die Funktionsweise von Computersystemen vollständig überblicken kann. Das darf aber keine Ausrede für Unmündigkeit sein!
Selbstverschuldet ist Unmündigkeit laut Kant dann, „wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt„. Leena Simons führt wie folgt aus:

„Wenn technische Unkenntnis auf den Unwillen, sich damit zu beschäftigen zurückzuführen ist, ist die daraus resultierende Unmündigkeit beziehungsweise der Technikpaternalismus selbstverschuldet. Ob dieser Unwille aus Mangel an Mut oder Entschließung entsteht, ist dabei einerlei. Sollte die Unkenntnis jedoch auf einen Mangel an Verstand zurückzuführen sein, kann auch nicht von Selbstverschuldung gesprochen werden. Dann handelt es sich nicht um ein moralisches Problem (Willensmangel), sondern um Verstandesmangel. Wir können uns nun also immer überlegen: Hätte ich die Möglichkeit, die Technologie besser zu verstehen, oder ist dies in der mir zur Verfügung stehenden Lebenszeit gar nicht möglich?

Es geht hier klar um den Unterschied zwischen Nicht-Können und Nicht-Wollen. Für das Nicht-Können gibt es oft plausible Gründe, für das Nicht-Wollen keine Entschuldigung!

Gerade uns Lehrerinnen und Lehrer sehe ich besonders in der Verantwortung, technologische Machenschaften großer IT-Konzerne permanent zu hinterfragen und alternative Lösungen nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern!

Den Begriff des Technikpaternalismus definiert Leena Simons dabei nach folgenden Prinzipien basierend auf Spiekerman und Pallas welche diesen selbst an Dworkin angelehnt haben:

„Angenommen eine Technologie (T) ist kontrolliert (oder gebaut) von einem Pater (P) und führt eine Aktivität (A) aus, die ein Individuum (I) direkt betrifft, dann ist T paternalistisch unter der Bedingung, dass
1.) A vom Individuum als limitierend, strafend oder in einer anderen Form freiheitsbeschränkend empfunden wird UND
2.) das Individuum I A nicht vermeiden oder überstimmen kann, ohne dabei Funktionalität von T einzubüßen UND
3.) A vom Pater P so dargestellt wird, dass A hauptsächlich im Interesse des Individuums existiert UND
4.) A autonom durchgeführt wird.“

Es gibt natürlich einen gewissen Interpretationsspielraum wer denn nun genau dieser Pater ist (Techniker, Konzerne, Politiker, …) und ob es überhaupt immer zwingend einen Pater geben muss. Ein anschauliches Beispiel für diese paternalistische Technik sind etwa Cookie-Banner, aber auch zahlreiche Angebote diverser IT-Konzerne zählen unter dem Mantel des ubiquitous computing (Rechnerallgegenwart) dazu.

Fazit

Als Fazit dieses Buch-Tipps möchte ich folgendes Zitat aus dem Buch wirken lassen:

„Auch wenn man nicht von allen Freiheiten selbst Gebrauch machen kann, gewinnt man doch dadurch, dass andere es können. Freie Software gibt uns Menschen die Macht über unsere Computer zurück und ermöglicht es, sie verstehen zu können. Verstehen können, also sich das Sich-Bedienen seines Verstandes ist – wie wir seit Kant wissen – Bedingung für Mündigkeit. Daher erfordert digitale Mündigkeit, dass Software frei ist.“


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