Um wieder einmal einen Blick über den Tellerrand zu unseren Nachbarn zu machen, haben wir mit Matthias vom Hohenstaufen-Gymnasium in Reihnland-Pfalz https://www.hsg-kl.de gesprochen.


OSOS: Hallo Matthias, danke für deine Zeit. Ich weiß, dass Ihr Linux am Desktop verwendet. Wie sieht das im Moment aus?

M: Unsere Schule hat so 1100 Schüler und setzt seit 2010 einen Linuxclient ein. Das heißt, alle Laptops und PCs, booten das selbe Image. Das sind die Lehrer jetzt eigentlich schon gewöhnt. Das war am Anfang der KDE Desktop, seit ein paar Jahren ist es XFCE.

OSOS: Gibt es noch andere Schulen in der Gegend, die Linux am Desktop einsetzen?

M: Es gibt quasi vier staatlische Gymnasien in der Stadt. Zwei davon machen Open-Source, zwei dafür nicht. In 20 Kilometer Entfernung gibt es noch ein Gymnasium, die ebenfalls Linux am Desktop verwenden.

OSOS: In Österreich gibt es ja die Geräteinitiative, wo jedes Kind in der 5. Schulstufe ein Gerät bekommt. Die Schulen können aus einem Topf von Gerätetypen auswählen. Natürlich steht dort ein klassischer Linux-Desktop nicht zur Auswahl, obwohl wir das seit einigen Jahren versuchen zu bekommen. Gibt es bei euch auch so ewtas?

M: Wir kriegen jetzt lauter Apple-Geräte, das heißt, der Schulträger Stadt entscheidet, welche Geräte die Schulen bekommen und die haben gesagt, damit die das irgendwie geregelt bekommen für die Betreuung für Kaiserslautern mit Grundschulen, Realschulen, etwa 32 Schulen, gibt es nur iPads. Zwar haben wir an unserer Schule in Eigenregie seit 2015 eine eigene Tabletklasse und die Eltern können sich zwischen iPad und Android Tablet mit Stifteingabe entscheiden. Die Eltern bezahlen das Gerät aber selber. Ich gehe aber davon aus, dass – nachdem schon ein Bundesland iPads verteilt – in absehbarer Zeit das so auch bei uns kommt.

OSOS: Das heißt, man macht sich auch bei euch abhängig von einem dieser Konzerne?

M: Ganz genau

OSOS: Müssen die Geräte bei euch dann in ein sogenanntes Mobile Device Management mit Jamf oder Intune?

M: Ja, genau, also diese Lehrergeräte, die sind jetzt bei der Stadt verwaltet. Sagen wir mal so, es ist zweischneidig, ich habe es wie gesagt 2015 bis 2019 eigentlich gemacht. In der Schule selbst über iPad Management die Geräte verwalten, war auch nervig, dann schiebe ich so eine App auf 50 Geräte und stelle dann fest, dass auf 15 gar nichts ankommt, auf den anderen Teil kommt die Hälfte an,… Also ich bin eigentlich froh, dass es jetzt die Stadt die Geräte managt, aber wir haben halt kein Mitspracherecht, was es gibt.

OSOS: Mein Eindruck vom MDM ist auch der, dass die Idee dahinter gut ist, es aber immer wieder Probleme gibt, wenn ich die Forenbeiträge so mitlese. Geräte, die in einer fremden Domain sind, Geräte die nicht mehr aus der Domain raus können. SuS., die sich am Gerät nicht mehr einloggen können,… Diese Probleme haben wir mit Ubuntu nicht.
Also wie war die Akzeptanz von zum Beispiel LibreOffice oder ja, generell dann auch Linux oder dieser Umstellung?

M: Ja, also am Anfang war die Diskussion ein bisschen vermehrt. Wir haben das insofern versucht aufzufangen. Wir haben einige Studientage gemacht, wo so fünf, sechs Lehrer intern gesagt haben, okay, ich mache LibreOffice-Schulung, der nächste, ich habe HTML-Schulung gemacht mit Bluefish, wie die Leute dann, die Homepage aktualisieren können. Andere Kollegen hatten Whiteboards angeboten. Also im Prinzip war unser Kollegium relativ offen, muss man sagen. Mit kleinen Verlusten ist es akzeptiert und wir sind als Linuxschule bekannt.

OSOS: Bei uns ist es durchaus auch akzeptiert. Allen wird man es eh nie Recht machen können. Ich sehe eher darin das Problem, dass Schulungen und Fortbildungen an Universitäten und vor allem an Pädagogischen Hochschulen fast ausschließlich zu Google/Apple/Microsoft-Produkten gibt. Für Freie Open Source Produkte quasi nicht, obwohl das Nachhaltiger wäre und vermutlich auch günstiger.

M: Ja, also mein Problem für mich waren auch immer die Verlage, die CDs für Windows hergestellt haben, die dann auch nur unter Windows funktionieren.

OSOS: Ok, wie ist eigentlich die Akzeptanz der Eltern, gibt es da Diskussionen öfter oder so, dass ihr sagt ok, wir haben Open Source oder verwenden Libreoffice oder Linux?

M: Eigentlich nicht, es gab nur einen Knackpunkt, ich wurde schon ein paar Mal angeschrieben von Eltern, sie hätten gerne eine offizielle Schulmaildadresse, damit sie kostenlos das Windows runterladen können als Lizenz. Da war meine Haltung bis vor zwei Monaten gegenüber der Schulleitung dass ich nicht bereit bin für 1000 Schüler Schülermails zu betreuen, das habe ich nur für die Kollegen gemacht und dann habe ich die Eltern darauf verwiesen, wir verwenden Libreoffice, das gibt es auch an Universitäten, sie sollen doch bitte das benutzen.

OSOS: In Rheinland-Pfalz gibt es ja auch die Datenschutzbehörde, die aus meiner Sicht gesagt haben, ok, jetzt können wir kein Teams oder MS 365 mehr in Schulen verwenden, ist dem so?

M: Ja, also bei uns ist so. Hier wurde übrigens BigBlueButton eingeführt. Ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden damit. Die neue Firma will auch eine Nextcloud-Instanz anbieten. Das heißt, da soll unser Datentausch über eine Stadteigene Nextcloud stattfinden. Das ist so das Ziel für die nächsten Monate, würde ich mal sagen. Das soll über den Sommer klappen, hoffe ich.

OSOS: Wie schaut quasi die Unterstützung in der Schulverwaltung aus? Gibt es dort auch Open Source oder ist in der Schulverwaltung eher klassisch Windows, ich sage mal dort, wo die SuS. oder die Noten verwaltet werden oder die Zeugnisse gedruckt werden?

M: Absolut klassisch Windows, das heißt, wir haben zwei komplett getrennte Systeme. Die haben so eine Zero-Client Geschichte für drei, vier Jahre und arbeiten damit quasi im Rathaus mit dem Rechner, was eigentlich ganz gut funktioniert. Was ich geschafft habe, dass man wenigstens LibreOffice da auch installiert hat.

OSOS: Wie kommuniziert ihr mit Schüler:Innen/Eltern?

M: Wir haben als Kommunikationssystem eine App, die nennt sich SDUi. Das nutzen wir sehr gerne, das hat die Stadt für alle Schulen gekauft, das heißt, die Schüler:Innen sehen ihren Stundenplan und den Vertretungsplan. Das heißt, ich kriege ein Push-Nachricht, wenn der Vertretungsplan sich ändert. Ich kann wunderbar an die Klasse schreiben, sowohl am PC oder am Handy oder am Tablet, das ist ganz gut gelöst. Über die SDUi können auch Arbeitsmittel verteilt werden.

OSOS: Leider ist das Tool nicht Open Source, weil das wäre dann wieder so ein Synergieeffekt für alle Schulen in Deutschland oder alle Behörden oder Gemeinden oder Städte, wenn das einer macht als Open Source.
Gibt es auch Lehrer:Innen, die aufgrund dessen, dass ihr Linux einsetzt, jetzt auch Linux einsetzen wollen, oder vielleicht aus Datenschutzgründen?

M: Ja, habe ich so ein paar Geschichten auf Lager. Geschichte eins war, dass sich eine Kollegin eine Malware eingefangen hat, und da war dann alles verschlüsselt. Seitdem verwendet sie Linux.

OSOS: Schön

M: Der nächste hatte einen super teuren Riesendrucker, dann kam Windows 10. Es gibt keine Treiber für Windows 10, mach mir bitte Linux drauf. Ein paar andere haben natürlich auch Linux aus diversen Gründen auf ihren Geräten.

OSOS: Matthias, danke für das Gespräch und die interessanten Einblicke.

Image by Tumisu from Pixabay

Kategorien: Allgemein

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert